Über die Liebe zu Sylvia Plath: Du sagst es
Wie Zelda und F. Scott Fitzgerald in den Goldenen
Zwanzigern, gelten Sylvia Plath und Ted Hughes als das Paar der modernen
Literatur. Ähnlich wie die Fitzgeralds sind auch Hughes und Plath ein zum
Scheitern verurteiltes tragisches Liebespaar. Nach Plaths Suizid im Jahr 1963
wird sie von ihren Lesern als Märtyrerin vergöttert, während ihr untreuer
Ehemann zur Zielscheibe des Hasses wird. Sein Nachname wird regelmäßig von
ihrem Grabstein gekratzt, denn er, der Feind, der Verräter, muss die Schuld an
ihrem frühen Ende tragen. Aber war es so? Ist es so einfach? Kann man in solch
einer leidenschaftlichen, destruktiven Beziehung wirklich nur einem die Schuld
geben?
„Ich war
nie zuvor jemandem begegnet, bei dem Lieben und Hassen
so nah
beieinander lagen, dass es fast keinen Unterschied gab.
Sie wollte
nichts lieber, als jemanden lieben, aber sie hasste es,
wenn sie es
tatsächlich tat. Sie wollte nichts lieber, als geliebt werden,
aber sie
hat jeden, der sie geliebt hat, gnadenlos für diese Liebe bestraft.“
Ted Hughes hat sich sein Leben lang nie zu den
Vorwürfen, die ihm en masse in Zeitungsartikeln oder Biographien über seine
Ehefrau gemacht wurden, geäußert. Er schwieg, wenn er als Grund ihres Selbstmordes,
als Verräter, als untreu und lieblos bezeichnet wurde, wenn sein Nachname
abermals von ihrem Grabstein gekratzt wurde. Connie Palmen versucht ihm in
ihrer fiktiven Autobiographie „Du sagst es“ endlich zu Wort kommen. Von ihrer ersten
Begegnung an, erzählt Hughes in Palmens herausragendem Roman von der zum
Scheitern verurteilten Liebe, von seiner schwierigen Ehe und der Frau, die sein
Leben prägte und durch ihren Tod zur Ikone der modernen Lyrik wurde: Sylvia
Plath. Palmen lässt Hughes in ihrem sehr gut recherchierten Roman über die
gemeinsame Zeit mit Plath reflektieren über ihre Hochs und Tiefs, ihren labilen
Gesundheitszustand, ihre übermächtige Vaterfigur, ihren Wunsch nach dem Tod. Es
gelingt Palmen gekonnt Hughes Stimme mehr als nur Ereignisgeschichte zu
erzählen, seine Gefühle, Wünsche und Hoffnungen subtil in diese retrospektive
Biographie einfließen zu lassen. So kommen Plaths zwei Gesichter – das, dass
sie der Welt zeigte und das andere, das in ihren Briefen komplett andere Töne,
Wertungen und Emotionen freien Lauf ließ – und ihre Stimmungsschwankungen in
Hughs Erinnerungen vor, ebenso seine verhängnisvolle Affäre, aber auch die
glücklichen Momente, welche die beiden Lyriker miteinander teilten. Denn am
Ende ist es schwer, zu sagen, ob es einen Schuldigen gibt. Für das
Auseinanderdriften der Liebenden, die Trennung, oder für das, was unvermeidlich
den Lauf der beiden Leben veränderte.
In herausragender Prosa nähert sich Connie Palmen
an den großen Lyriker Hughes an, verleiht ihm eine glaubhafte Stimme und gibt
einen glaubhaften und versöhnlichen – wenn auch fiktiven – Einblick in ein
Leben, eine Liebe und deren tragisches Ende. Sie proträtiert Hughes und Plath
so glaubhaft, so vielschichtig, dass es ihr gelingt, zwei historische
Persönlichkeiten so greifbar zu machen, wie ich es selten lesen durfte. Umwerfende
Literatur, die nicht nur Plath Liebhaber anspricht, sondern Lust macht, mehr
über diese beiden Lyriker zu erfahren, ihre Gedichte und Plaths „The Bell Jar“
zu lesen. Connie Palmen hat mit „Du sagst es“ einen Roman geschrieben, der sehr
lange Zeit einer meiner Lieblinge bleiben wird und den ich gar nicht genug
empfehlen kann!
Du sagst es (orig. Jij zegt het)
von Connie Palmen
2016 Diogenes Verlag
ISBN 978-3-257-86296-6
Hier geht es zum großartigen Buch auf der
Verlagsseite:
Oder zum Taschenbuch:
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